Leitgedanken
Der Heimatverein Kaufbeuren setzt sich dafür ein, die natürliche und geschichtlich gewachsene Eigenart der Stadt Kaufbeuren und ihrer Kulturgüter zu erhalten und auf diesen Potentialen aufbauende Entwicklungen der Stadt zu planen. Deshalb gilt es, das Stadt- und die Ortsbilder zu pflegen, die Innenstadt Kaufbeurens und die Ortskerne der Stadtteile zu stärken und zu beleben. In der Umsetzung spricht sich der Heimatverein für eine flächensparende und qualitätsvolle Innenentwicklung aus, die historische und soziale Aspekte berücksichtigt, neuen Wohnraum schafft und wertvolle landwirtschaftliche Flächen schont. Vor dem Hintergrund vielfältiger Herausforderungen gilt es gleichzeitig, das städtische Grün zu erhalten, weiterzuentwickeln und zu qualifizieren.
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Haltung des Heimatvereins Kaufbeuren zur Potentialanalyse Altstadt

Auf Beschluss des Stadtrats wurde 2019 in Kaufbeuren ein Innenstadtbeirat zur Begleitung der Altstadtentwicklung gebildet. Der Beirat setzt sich aus Vertretern der wesentlichen Interessengruppen der Altstadt zusammen. Dazu zählt auch der Heimatverein Kaufbeuren.
Die Stadtplanung Kaufbeuren hat 2023 eine Potenzialanalyse als Gesamtkonzept erarbeitet, die eine Diskussions- und Entscheidungsgrundlage zur weiteren konkreten Innenstadtentwicklung dienen soll. Ende 2023 stand die Befassung des Innenstadtbeirats mit der Analyse an. Diese hierfür geplante Sitzung wurde seitens der Stadt wegen der präkeren Finanzsituation abgesagt.
Daraufhin hat sich der Heimatverein Kaufbeuren an Oberbürgermeister Stefan Bosse mit der Bitte gewandt, den Diskussionsprozess trotzdem zu starten, weil in der Analyse zahlreiche Maßnahmen enthalten sind, die auch mit wenig Geld angegangen werden können. Herr OB Bosse hat in einem Gespräch mit dem Heimatverein daraufhin eine zeitnahe Befassung des Innenstadtbeirats zugesichert. Diese Sitzung fand am 10.06.2024 statt.
Dazu hat der Heimatverein folgende Positionen erarbeitet…
Stadtentwicklung und Bürgermitwirkung –
zwei Seiten einer Medaille
von Wolfgang Ewald
Sicher wird sich der eine oder andere einleitend fragen, warum sich der Heimatverein überhaupt mit der Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürger bei Fragen der Stadtentwicklung befasst. Zentraler Punkt hierfür ist, dass die Bewahrung der natürlich und geschichtlich gewordenen Eigenart unserer Heimat untrennbar auch mit Fragen der zukünftigen Entwicklung verbunden ist und diese ohne ausreichende Bürgermitwirkung nicht nachhaltig gelingen kann. Daher will der Heimatverein satzungsgemäß verstärkt auch die Pflege des Stadtbildes bzw. der Ortsbilder und eine qualitätvolle und vor allem nachhaltige Stadtentwicklung in den Blick nehmen. Gebäude, Straßen, Plätze, Ortsansichten haben von sich aus bekanntlich keine eigene Stimme.

Bürgermitwirkung führt zu mehr Zufriedenheit und Akzeptanz!
Die seinerzeitige Diskussion um das Forettle-Center war Ausgangspunkt der verstärkten Hinwendung des Vereins auch für Fragen der Stadtentwicklung. Wenn sich der Heimatverein zu diesen Fragen äußert, steht immer das überparteiliche Eintreten für die Belange der Heimatpflege im Vordergrund, ist aber ebenfalls dem demokratischen Grundverständnis der Bürgermitwirkung geschuldet.
Nachfolgend werden daher einige Gedanken zur Bürgermitwirkung angestellt.
Bürgermitwirkung führt zu mehr Zufriedenheit und Akzeptanz
Der Unmut von Bürgerschaft und Anwohnerschaft zeigt sich oftmals erst, wenn die „Bagger rollen“ – also zu Beginn der Ausführung städtebaulicher Projekte. Mit einer frühzeitigen Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger kann dem entgegenwirkt werden. Am Ende steht, dass in einer repräsentativen Demokratie – und das gilt es ebenfalls zu respektieren – die politischen Entscheidungen durch demokratisch gewählte Repräsentantinnen und Repräsentanten, hier dem Stadtrat getroffen werden. In der Vergangenheit beschränkte sich politische Partizipation meist darauf, regelmäßig an Wahlen teilzunehmen. Heute zeigt sich jedoch ein geändertes Bild. Eine große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland wünscht sich mehr Mitsprache bei Entscheidungen auf der lokalen Ebene. Insbesondere in Kommunen entwickeln sich daher vor diesem Hintergrund neue Formen der politischen Beteiligung. Die möglichen Formen hängen natürlich von der Art des jeweiligen städtebaulichen Projektes ab, deren Spannweite von mittel- oder gar längerfristigen strategischen Planungen bis hin zu einzelnen Bauprojekten reicht. Immer mit im Boot sind die Vorgaben und Ideen des Stadtrats und der Fachleute der Stadtverwaltung. Hinzu kommen geeignete Planungsbüros, die weitere spezielle fachliche Komponenten des Projekts abdecken. Was aber oftmals übersehen wird ist, dass es auch innerhalb der Bürgerschaft einen Schatz an Kompetenz und Ideen gibt, den es zu heben gilt. Eine wichtige Rolle spielt dies insbesondere bei der Analyse von Stärken und Schwächen und bei der Erarbeitung von Entwicklungszielen oder Vorgaben für das jeweilige Projekt. Genauso wichtig ist es, dass zu Beginn des Mitwirkungsprozesses die Ziele, aber auch die Grenzen und Rahmenbedingungen der Bürgermitwirkung klar und verständlich kommuniziert werden. Im Ergebnis wird immer eine höhere Akzeptanz für das Projekt erreicht, wenn die seitens der Bürgerschaft eingebrachten Ideen und Vorschläge bei der Letztentscheidung des Stadtrats mit abgewogen werden. Eine Studie aus dem Jahr 2019 der Bertelsmann Stiftung kommt zum Ergebnis, dass die Zufriedenheit mit den Kommunalpolitikern dort wesentlich höher ist, wo sich die Bürgerinnen und Bürger an der Lokalpolitik ausreichend beteiligt fühlen. So springt die Zufriedenheit beispielsweise mit den Bürgermeistern von 55,8 % auf 73,7 %. Bürgerbeteiligung und Akzeptanz von politischen Entscheidungen schließen sich daher nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig!
Bewährte und neue Mitwirkungsmöglichkeiten nutzen
Welche Möglichkeiten oder Plattformen für die Beteiligung oder Mitwirkung der Bürgerschaft gibt es oder sind künftig verstärkt denkbar? Nachfolgend geht es um mehr als die im Rahmen der jeweiligen Planung formal, d.h. gesetzlich vorgegebenen Beteiligungen der Öffentlichkeit, Umweltprüfungen, öffentliche Auslegungen von Plänen bis hin zu den Möglichkeiten Widerspruch zu erheben. Es geht vielmehr um informelle Möglichkeiten der Mitwirkung. Diese sind vielfältig und wurden in Kaufbeuren zumindest teilweise schon genutzt. Beispiele sind die Bürger-Workshops bei der Erarbeitung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) oder die Online-Beteiligung zum Radverkehrskonzept und einiges mehr. Gerade die Digitalisierung eröffnet ungeahnte Möglichkeiten und es ist nur zu begrüßen, wenn der Stadtrat deren Möglichkeiten noch stärker in den Fokus nehmen will. Im Mittelpunkt stehen dabei der Ausbau der bereits bestehenden Online-Dienste für den digitalen Bürgerservice oder die Digitalisierung innerhalb der Stadtverwaltung und der Schulen. Gut auch, dass bei einer Veranstaltung im Stadtsaal über neue Möglichkeiten, Angebote und Technologien sowie Gefahren der Digitalisierung informiert wurde.
Zu den neuen noch ausbaufähigen Möglichkeiten zählen digitale Beteiligungsplattformen für den bürgerschaftlichen Dialog. Wichtig ist, dass diese niederschwellig sind, d.h. ohne große Vorkenntnisse genutzt werden können. Beispielsweise können auf einem zur Verfügung gestellten interaktiven Stadtplan Anregungen zu unterschiedlichen Themenbereichen mittels eines Pins verortet, aber auch ortsungebunden eingestellt werden. Die Beiträge sind als Pin auf der Karte sowie in Textform für alle Besucher abrufbar und sichtbar. Die Beiträge können zudem kommentiert und bewertet und so Meinungen, Wünsche und Bedarfe der Bürgerschaft abgefragt werden. Die Anregungen können dann als wichtige Bausteine unmittelbar in den weiteren Planungsprozess einfließen. Wäre es nicht interessant zu erfahren, welche Schwerpunkte und Ideen von den Bürgerinnen und Bürger beispielsweise zum 12-Punkte-Programm des Stadtrats zur Stadtentwicklung oder speziell zu den Entwicklungen auf dem Afraberg oder ganz aktuell zum Umgang mit den Herausforderungen des Klimaschutzes und Klimawandels oder zum gesamten Energiemanagement genannt werden?
Trotz der vielen Möglichkeiten der Digitalisierung darf aber nie vergessen werden, dass für eine gute Kommunikation immer auch Begegnungen vor Ort unerlässlich sind. Um Stadtentwicklung zu einer Sache aller zu machen, bedarf es daher weiterhin analoger Beteiligungsformen, d.h. von Mensch zu Mensch. Klar ist aber ebenfalls, dass es auch hier zusätzlich zu den klassischen Vor-Ort Informationsveranstaltungen, in deren Rahmen sich die Bürgerinnen und Bürger einbringen können, neue interaktive Formate wie moderierte Planungswerkstätten oder Workshops notwendig sind, wie teilweise in Kaufbeuren schon praktiziert.
Bürgermitwirkung bei städtbaulichen Wettbewerben
Um ein Missverständis auszuräumen: Der Heimatverein steht auch zur Durchführung von städtbaulichen Wettbewerben. Woher, wenn nicht aus einem Wettbewerb heraus, sollte denn ein Bündel von interessanten Vorschlägen überhaupt kommen? Klar ist aber ebenfalls, dass sich die Stadt mit dem gewählten Wettbewerbsverfahren bei der Umsetzung weitgehend an die Empfehlungen des Preisgerichts bindet, sofern kein wichtiger Grund entgegensteht. Damit fällt der inhaltlichen Erarbeitung und den Inhalten der Auslobung des Wettbewerbs eine zentrale Rolle zu. Wegen der späteren Bindungswirkung der Juryempfehlungen ist eine Mitwirkung der Bürgerschaft und von Interessensgruppen nur bei diesem Planungsschritt sinnvoll möglich. Auch hierfür gibt es geeignete Formate zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie relevanter Interessengruppen.
Ausblick
Angesichts der zahlreich anstehendenden Herausforderungen zur Stadtentwicklung gilt es nach vorn zu blicken. Der Heimatverein würde sich freuen, wenn es gelingt, den innerhalb der Bürgerschaft sicherlich vorhandenen Schatz an Kompetenz und Ideen noch stärker als bisher zu heben.a